Schon mehrfach habe ich Menschen als Erklärung für das Scheitern von Projekten so oder so ähnlich sagen hören: »Dann sind wir in die Mühlen der Firmenpolitik geraten und dann war es vorbei.«
Ich finde das eine ziemlich merkwürdige Rechtfertigung. Es ist ungefähr so, als würden die Verantwortlichen nach einem Flugzeugabsturz darauf verweisen, das Unglück sei eben von der Schwerkraft verursacht worden. Auch wenn das zweifellos richtig ist, würde doch niemand akzeptieren, dass die Untersuchung mit dieser Erklärung endet. Es ist eben die Natur des Fliegens, der Schwerkraft zu trotzen. Erklärt werden muss, welche Ausnahmesituation, welches Versagen jetzt dazu geführt hat, dass dies nicht mehr wie vorgesehen funktioniert hat.
Ebenso verhält es sich mit der Firmenpolitik. Sie existiert einfach, ob der einzelne das möchte oder nicht – sie ist die Schwerkraft innerhalb des Konzerns, sie ist seine Natur. Der Job des Managers besteht ganz wesentlich darin, in ihr zu wirken. Wer sich darauf beruft, dass sie einfach plötzlich da gewesen sei oder sich spontan verändert habe und so das Scheitern verursacht habe, verkennt entweder gravierend die Grundvoraussetzungen seines Wirkens oder will der Debatte über die wahren Gründe des Scheiterns ausweichen.
»Culture eats Strategy for Breakfast.«
»Culture eats strategy for breakfast.« Dieser Satz wird Peter Drucker zugeschrieben. Google liefert dazu über 100.000 Ergebnisse – das qualifiziert wahrscheinlich schon zum Allgemeinplatz. Er soll ein übliches Problem bei der Erarbeitung von Unternehmensstrategien pointiert aufrufen. Ich will ihn einmal im Detail diskutieren.
Was ist Strategie? Darüber, was inhaltlich eine Strategie ausmacht, lässt sich sicherlich lange streiten. Sowohl über die Abwägung zwischen Abstraktion und Konkretem, die Gewichtung von Kurz-, Mittel- und Langfristigem als auch um die Schärfe in den üblichen Why-, What- und How-Fragen. Der Versuch, der inhaltlichen Befüllung des Strategiebegriffst ist auch untrennbar verbunden mit einer Wertung über die Strategie. Beschrieben wird in der Business-Literatur üblicherweise nicht, was eine Strategie als solche ist, sondern nur, was eine gute Strategie wäre. Inhaltlich greifen lässt sich die Strategie nicht.
Weiterlesen...
Tom Sawyer muss den Zaun streichen, darauf hat er jedoch keine Lust. Mit einem Trick bringt er die anderen dazu, ihm dies abzunehmen. Sie bezahlen ihn sogar dafür. »Wäre die Farbe nicht ausgegangen, hätte Tom sämtliche Jungen des Ortes bankrott gemacht.« In meiner Erinnerung gab es hier ein klares Gefälle: Auf der einen Seite der gerissene Tom Sawyer und auf der anderen die einfältigen anderen Kinder, die sich so einfach austricksen lassen.
Ich glaube, ich war da im Irrtum: Die anderen Kinder sind deshalb bereit zu bezahlen, weil sie wirklich Spaß am Streichen des Zaunes haben, ziemlich großen sogar. Sie sind nicht einfältig, sie sind in dieser Geschichte die Gewinner. Das Gefälle ist künstlich hinzuinterpretiert. Tom Sawyer ist nicht gerissen, er ist weise: Er erschafft aus dem Nichts etwas Wertvolles.
Geschrieben im September 2018 | Kategorie: Betrachtungen
Es muss 1998 oder 1999 gewesen sein, als ich das erste Mal am eigenen PC das Internet erkunden konnte. Damals ein anarchischer Raum, der schon allein durch seine sofort sichtbare Unvollkommenheit jeden dazu eingeladen hat, selbst sein Mögliches dazu beizutragen. Ein paar E-Mails an Webmaster hinter Websites mit ähnlichen Themen, zu gegenseitiger Verlinkung einladend, und schon war man drin.
Auch Oberflächlichkeiten (dem Trend blinkenden GIFs zum Trotz) waren nur von peripherer Bedeutung, das Internet war ein Medium zum Austausch von verlinkten und verlinkenden Fließtexten. Im Mittelpunkt standen Informationen. Es war herrschaftsfrei, jeder konnte mitmachen, ohne sich irgendwelchen Regeln und Konventionen fügen zu müssen, die sich nicht zwingend aus der zugrungeliegenden Technik ergaben.
Heute, 2017, hat sich das Rad weitergedreht, jetzt sind wir bei informationsarmen, maximal sprücheklopfenden Kurznachrichten (Twitter), komplett standardisierten Selbstdarstellungen (Facebook) und beinahe vollständiger Textfreiheit (Instagram) angekommen, das Ganze auch noch der vollständigen Kontrolle der jeweiligen Plattformbetreiber unterworfen. Social Media ist das Gegenteil des Internets.
Geschrieben im Februar 2017 | Kategorie: Technologie
Mit dem Duzen und Siezen ist das so eine Sache. Manchmal zieht schon die schlichte Frage, wer wem denn das »Du« anbieten darf, höchst wortakrobatische Tänze nach sich.
Je höher der Gegenüber in der Hierarchie steht, desto wahrscheinlicher wird das »Sie«. Eine Ausnahme: Den einen an der Spitze, denjenigen, der ganz oben steht, darf man völlig ungehemmt duzen.
»Vater, der Du bist im Himmel.«
Geschrieben im Mai 2016 | Kategorie: Unternehmenskultur