Politisch
Politisch zu sein, das hat als Personenbeschreibung nicht die beste Reputation. Wenn man diese Bezeichnung verwendet, sollte man also sagen, was man damit meint. Ich verwende ihn und was ich damit meine, ist vor allem nicht das, was heutzutage auch Aktivist genannt wird: Sich einer bestimmten Sache oder Gruppe zu verschreiben und deren Interesse et pereat mundus zu befördern. Aktivismus kann je nach Objekt eine negative Reputation haben (Lobbyisten) oder eine positive (Umweltschützer), es ist für mich aber nicht politisch. Aktivismus ist einfach. Für Aktivisten ist immer klar erkennbar, was richtig und was falsch, was gut und was böse ist. Applaus gibt es immer mindestens von den Gleichgesinnten. Politisch zu sein, das ist sehr viel schwerer.
Politisch zu sein, das heißt für mich, sich zum Teil des Prozesses zu machen, dem es um das Gemeinwohl geht. Und das in einer Welt, in der Gesellschaft immer diffuser wird, und was Gemeinwohl ist immer schwerer zu greifen. Der konkrete Inhalt des Gemeinwohls entsteht erst im politischen, demokratischen Prozess. Politisch zu sein heißt, nicht eine einzelne Sache et pereat mundus zu befördern, sondern alle Sachen in Ausgleich zu bringen, Kompromisse einzugehen und diese als richtig und klug zu verteidigen. Das ist schwer, dafür gibt es keinen Applaus, aber ohne Menschen, die sich geduldig und tapfer darauf einlassen, gibt es keine Gesellschaft.