Das Schwinden der Selbstironie
Selbstironie ist eine Form des Umgangs mit der eigenen Niederlage. Sie ist eine männliche Form – von Frauen sind traditionell andere, emotionalere Formen gesellschaftlich akzeptiert. Sie ist aber vor allem eine Form, die darauf verzichtet, emotionale Belastung auf andere zu übertragen. Selbstironie unterhält den Rezipienten, sie lässt ihn lachen. Die Belastung belässt sie beim Sender, von diesem fordert sie Disziplin und Menschenliebe. Das Umfeld honoriert sie, wird sie als Prinzip gelebt, gelegentlich dadurch, dass es einen für von Charakter hält.
Selbstironie ist nicht die Form der Gegenwart. Die Forderung nach mehr Emotionalität, hat breite Unterstützung. Auch Männer sind heute dazu aufgerufen, Gefühle zu zeigen. Das ist die logische Folge der egoistischen Auslegung des Individualismus: Warum seine emotionale Belastung allein tragen, wenn einer sich selbst noch so geringe Minderung verschaffen kann, indem er andere zu sich runterzieht? In dieser Welt verschwindet die Selbstironie genauso, wie das hart erarbeitete, logisch argumentierte Sachargument im politischen Diskurs durch die emotionale Einlassung verdrängt wird.